Wird mit den Stammzellen auch die Meinung der Lebensrechtler reprogrammiert?

von Debi Vinnedge

Im November 2007 beschrieben Shinya Yamanaka und James Thomson in ihren Studien eine neue Stammzelltechnik. Mit dieser können durch einfache Reprogrammierung von adulten Hautzellen Zellen hergestellt werden, die embryonalen Stammzellen ähnlich sind.[i]

Sofort priesen mehrere Bioethiker und Pro-Life-Führer diese sogenannten iPS-Zellen oder „induzierten pluripotenten Stammzellen“ überschwänglich als ethisch unbedenkliche Alternative zur embryonalen Stammzellforschung und zum Klonen von Menschen an. Denn wenn embryonale Stammzellen hergestellt werden könnten, ohne unschuldige Menschen zu töten, würde dies ein für allemal die Ethikdebatte beenden, oder nicht?

 

Manche sind der Meinung, dass die Reprogrammierungs-Methoden recht einfach sind, aber in Wirklichkeit sind sie für den durchschnittlichen Leser ziemlich kompliziert. Vielleicht ist es genau das, worauf einige der Experten bauen. Denn nur mit Sachkenntnis kann man die kritischen Punkte dieser Forschung erkennen und die verborgenen Geheimnisse entdecken, die keine Pro-Life-Bewegung und kein Politiker erfahren sollen. Deshalb werden wir Ihnen diese behutsam, in für Laien verständlichen Worten, erklären.

 

In beiden Studien wurden mit Hilfe eines sogenannten „Lentivirus“ Gene in die adulten Stammzellen eingeführt. Ein Lentivirus ist im Hinblick auf die Sicherheit durchaus nicht unbedenklich. Nach der Definition handelt es sich um ein langsam wirkendes Virus, das chronisch die Zielzellen infiziert und oft Jahre nach der Erstinfektion tödliche Krankheiten verursacht. Ein Beispiel für ein bekanntes Lentivirus ist das HIV-Virus, das möglicherweise mehrere Jahre braucht, um AIDS auszulösen. Ein Lentivirus ist jedoch ein sehr wirksames Mittel, um die benötigte DNA ans Ziel, d. h. in die adulten Hautzellen zu bringen, um diese in ein embryonales Stadium zurückzuverwandeln. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie Sicherheitsrisiken in späteren Versuchen lösen werden.

 

Wie gelang einem Lentivirus der wundersame Effekt, eine adulte Stammzelle in eine Zelle zu verwandeln, die embryonalen Zellen ähnlich ist? Nun, denken Sie darüber nach – es ist keine Hexerei: wie könnte eine Zelle, die von einem 20jährigen stammt, plötzlich in einen embryonalen Zustand zurückkehren? Um dazu fähig zu sein, müsste die Wirtszelle einen riesigen Zufluss an jüngerer DNA empfangen, wodurch die gealterten Zellen gezwungen würden, sich zu verjüngen. Das wäre wie das Injizieren eines wahren „Jungbrunnens“ in die Zellen, weil diese DNA normalerweise nur in embryonalen oder fetalen Zellen aktiv ist. So wurde eine zwanzig Jahre alte Hautzelle buchstäblich gezwungen, Gene zu aktivieren, die seit dem fötalen Leben nicht mehr gebraucht wurden, und sie wurde wieder embryonal. Aber, wie Sie später sehen werden, mit derselben Unmenge an Problemen, die allen embryonalen Stammzellen anhaften.

 

Woher haben die Forscher die DNA bekommen? Nun, von embryonalen und aus Abtreibung stammenden fetalen Zellen natürlich! Die Wissenschaftler nutzten eine Technik, die unter der Bezeichnung PCR oder Polymerase-Kettenreaktion bekannt ist. PCR ist eine Technik, die mit Hilfe einer einfachen Enzymreaktion die Produktion großer Mengen an spezifischer DNA möglich macht. Die embryonale oder aus einem abgetriebenen Fötus stammende DNA wurde mit der DNA des Lentivirus verbunden oder ihr hinzugefügt. Das Virus bringt sie dann in die adulten Hautzellen. Da die DNA der gealterten Zellen sich mit der neuen DNA vermischte und sich in der Petrischale im Labor weiter vermehrte, kehrten die gealterten Zellen buchstäblich ihren Alterungsprozess in den embryonalen Zustand um. Und voilà! Embryonale Stammzellen sind aus den modifizierten adulten Stammzellen entstanden.

 

Die Forscher behaupteten, dass diese neu umgewandelten Zellen genetisch identisch mit dem Patienten seien, dessen adulte Hautzelle modifiziert wurde, wodurch Probleme mit der Immunreaktion ausgeschlossen seien. Dies war in der Tat auch der Hauptzweck des sogenannten „therapeutischen“ Klonens, bei dem Wissenschaftler behaupteten, genetisch identische Embryonen zum Zwecke der Ernte von patientenspezifischen Stammzellen zu produzieren. Doch nichts könnte bei beiden Methoden weiter von der Wahrheit entfernt sein.

 

Beim Klonen von Menschen wird der Kern der gespendeten Eizelle entfernt und mit Hilfe der sogenannten „Somatischen Zellkerntransfer-Methode“ durch den Kern einer adulten Stammzelle ersetzt. Da aber nur der Kern der Eizelle entfernt wird, befindet sich noch übriggebliebene mitochondriale DNA der gespendeten Eizelle in dem neu geschaffenen Embryo. Auch bei der Reprogrammierungs-Methode befindet sich in den neu geschaffenen iPS-Zellen fremde DNA sowohl von dem Lentivirus als auch von den embryonalen oder fetalen Zellen. So gibt es nach wie vor Probleme mit der Immunreaktion. Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass die iPS-Zellen genauso wie die embryonalen Stammzellen Teratome und krebsartige Tumore bildeten, eine andere „kleine“ Störung, womit sie sich später beschäftigen wollen.

 

Wo genau bekommen die Forscher die aus Abtreibung stammenden fetalen Zellen und die embryonalen Stammzellen her? Verschiedene Wissenschaftler nutzten verschiedene Quellen. Was aber die aus Abtreibung stammenden Zellen betrifft, ist die HEK-293-Zelllinie das Ursprungsmaterial, d.h. die humane embryonale Nierenzelle, Probennummer 293 (genauso wie die modifizierte Versionen dieser Zelllinie: PLAT-A, PLAT-E, 293FT und Phoenix Zellen).

 

Dr. Alex Van der Eb aus den Niederlanden entnahm die HEK-Zellen einem abgetriebenen Kind und nach seiner Aussage während eines FDA-Hearings im Jahr 2001 sind genaue Informationen über die ursprüngliche Abtreibung „verloren gegangen“. Alles, an was er sich erinnern konnte, war, dass es sich um einen gesunden Fötus gehandelt hatte. Er stellte fest, dass es angesichts der mangelnden Kenntnis der Familiengeschichte zweifelhaft ist, ob die HEK-Zellen den Sicherheitsstandards der FDA entsprechen.[ii]

 

Außer von den HEK-Zellen erhielt James Thomson seine DNA-Sequenzen aus humanen embryonalen Stammzellen, von denen einige zu den von Präsident Bush mit staatlichen Mitteln geförderten Stammzelllinien gehörten. Zudem testete Thomson seine Reprogrammierungs-Methode mit Hilfe der IMR-90-Zelllinie. Sie stammt ebenfalls aus einer Abtreibung und wurde dem Lungengewebe eines weiblichen Kindes in der 16. Schwangerschaftswoche entnommen. IMR-90 ist eine Designer-Zelllinie die speziell vom amerikanischen Nationalen Gesundheitsinstitut (National Institutes of Health, NIH) und von der Gewebebank des Coriell Institute for Medical Research hergestellt wurde als zukünftiger Ersatz für die Zelllinie WI-38, die gegenwärtig bei der Impfstoffherstellung verwendet wird und auch aus einer Abtreibung stammt.[iii]

 

Im Februar 2008 wurden zwei weitere Studien zur Reprogrammierung von adulten Stammzellen veröffentlicht:

In der ersten Studie von Kathrin Plath (UCLA-Studie, Universität von Kalifornien, Los Angeles) wurden Vorhautzellen eines Neugeborenen verwendet.

In der zweiten verwendete Shinya Yamanaka Leber- und Magenzellen der Maus und behauptete, das Problem der Tumorbildung überwunden zu haben. Wenn auch keine seiner Mäuse Tumore entwickelte, räumte er interessanterweise ein, dass mehrere von ihnen aus „unbekannten Gründen“ starben.

Nochmals zur Wiederholung: beide Wissenschaftler nutzten aus Abtreibung stammende Zelllinien als ihre DNA-Quelle und Plath kultivierte zusätzlich ihre reprogrammierten Vorhautzellen auf embryonalen Stammzellen.[iv]

Verschiedene weitere seitdem veröffentlichte Studien stützen sich nach wie vor sowohl auf aus Abtreibung stammende fetale als auch auf embryonale Stammzellen, um die Reprogrammierung zu erreichen. Warum auch nicht? Nachdem sich niemand beschwert!

 

Denn, obwohl die Wahrheit über die Herkunft der DNA enthüllt wurde, preisen viele Pro-Life-Führer immer noch diese Forschung als einen Weg zur Beendigung der „Notwendigkeit“ des Klonen von Menschen. Aber ihre Argumentation greift aus mehreren moralischen Gründen zu kurz.

 

Erstens argumentieren sie, dass es moralisch akzeptabel sei, die Zelllinien zu nutzen weil die Embryonen und die abgetriebenen Kinder schon getötet worden waren. Zwar ist es durchaus wahr, dass die Wissenschaftler, die sich mit der Reprogrammierung befassen, die Embryonen, die sie benutzen, wahrscheinlich nicht direkt getötet oder an den ursprünglichen Abtreibungen teilgenommen haben. Sie nutzten jedoch Zelllinien von Menschen, die speziell für Forschungszwecke absichtlich vernichtet wurden. Sowohl der Vatikan als auch die Amerikanische Katholische Bischofskonferenz (USCCB) haben solche Praktiken verurteilt:

 

In ihrer Erklärung über die Herstellung sowie die wissenschaftliche und therapeutische Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen antwortet die Päpstliche Akademie für das Leben auf die Frage:

 

Ist es moralisch erlaubt, die ES [embryonalen Stammzellen] und die aus ihnen gewonnenen differenzierten Zellen zu verwenden, die gegebenenfalls von anderen Forschern geliefert werden oder im Handel erhältlich sind?

“Die Antwort ist negativ”, aus folgendem Grund: Über die (formale oder nicht formale) Mitbeteiligung an der moralisch unerlaubten Intention des Ersthandelnden hinaus liegt im untersuchten Fall eine material sehr nahe Kooperation (cooperatio materialis proxima) in der Herstellung und Manipulation menschlicher Embryonen von Seiten des Herstellers oder Lieferanten vor.“

 

Außerdem veröffentlichte die Amerikanische katholische Bischofskonferenz (USCCB) ihre Antwort auf Präsident Bushs Entscheidung vom August 2001, staatliche Mittel nur für jene embryonalen Stammzellen zur Verfügung zu stellen, bei denen die Embryonen bereits getötet worden waren. Sie erwähnte besonders das oben genannte Zitat der Päpstlichen Akademie für das Leben und das folgende Zitat aus der Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung (DONUM VITAE) aus dem Jahr 1987:

Den menschlichen Embryo oder den Fötus als Gegenstand oder Mittel für Experimente zu benutzen, stellt ein Verbrechen gegen deren Würde als menschliche Wesen dar, denen dasselbe Recht auf Achtung wie dem schon geborenen Kind und jeder menschlichen Person zusteht. … Die Leichen menschlicher Embryonen und Föten, seien sie nun vorsätzlich abgetrieben oder nicht, müssen geachtet werden wie die sterblichen Überreste von anderen menschlichen Wesen. … Darüber hinaus muss immer die moralische Forderung bestehen bleiben, dass dabei keine Beihilfe zu einer gewollten Abtreibung stattgefunden hat und dass die Gefahr des Ärgernisses vermieden wird. (I.4) Es ist nötig, auf die besondere Schwere der freiwilligen Zerstörung der menschlichen Embryonen hinzuweisen, die nur zum Zweck der Forschung … in vitro hergestellt worden sind.“ (I.5)[v]

Offensichtlich ist das Handeln der Wissenschaftler moralisch nicht zulässig und man muss sich wundern, warum keiner von unseren Pro-Life-Führern sich gegen diese Forschung ausgesprochen hat. Stattdessen behauptete in der April-Ausgabe von Ethics and Medics P. Tadeusz Pacholczyk vom National Catholic Bioethics Center, dass der Ursprung dieser Zellen „ethisch einwandfrei“ sei und dass die neuen reprogrammierten Stammzellen „ohne Zerstörung oder Verwendung von menschlichen Embryonen hergestellt wurden.“[vi]

Es mag sich von seiner Seite aus um Semantik handeln, weil in Wirklichkeit der „Ursprung“, das heißt die originale adulte Stammzelle, das Einzige war, das „ethisch einwandfrei“ war, da sie von einem lebenden erwachsenen Spender stammte. Aber der Ursprung der DNA, die für die Reprogrammierung solcher Zellen verwendet wurde, war es sicherlich nicht und daher ist es auch nicht das Endprodukt. Und wenn auch kein vollständiger menschlicher Embryo oder Fötus verwendet wurde, so doch dessen Überreste. Wenn die moralische Zulässigkeit solcher Forschung davon abhinge, ob der ganze Embryo oder Fötus verwendet wurde oder nicht, so wäre die gesamte Forschung mit fetalen und embryonalen Zellen akzeptabel. Wissenschaftler zerstören menschliche Embryonen, um Stammzellen zu erhalten. Der Rest des Embryo wird weggeworfen. Sie zerlegen auch den menschlichen Fötus, wählen die Zellen, Gewebe und Organe aus, die sie haben möchten und entsorgen die Überreste.

Von diesen auf unmoralische Weise erhaltenen Quellen werden Zelllinien entwickelt, patentiert und für den zukünftigen Gebrauch tiefgefroren in der Hoffnung, eines Tages lebensrettende Therapien und Medikamente herzustellen. Dies gleicht dem, was bei der Impfstoffproduktion mit Hilfe von Zellen abgetriebener Kinder geschehen ist.[vii]

Außerdem müssen die Wissenschaftler, um ihre Erfindungen zu überprüfen, embryonale Stammzellen zur Vergleichskontrolle verwenden, um nachzuweisen, dass die neu geschaffenen iPS-Zellen tatsächlich embryonalen Zellen gleichen. So sind embryonale Stammzellen ein fester Bestandteil sowohl der Reprogrammierungs- als auch der Kontrollstudien.

Im zweiten Artikel derselben Ausgabe von Ethics and Medics bietet Richard Doerflinger vom Pro-Life-Sekretariat der Amerikanischen Katholischen Bischofskonferenz (USCCB) einen Einblick, warum manche zu den nicht so „ethisch einwandfreien“ Methoden, die bei der Reprogrammierung verwendet werden, schweigen. Er stellt fest, dass diese Forschung „das Schicksal mehrerer Gesetzesvorlagen, die jetzt dem Kongress vorliegen, beeinflussen könnte“ und führt als Beispiel den Human Cloning Prohibition Act und den Human Animal Hybrid Prohibition Actan. Es werde für die Gegner schwierig sein, diese Gesetzesentwürfe abzulehnen, wenn jetzt mit der iPS-Zellforschung eine „ethisch korrekte Alternative“ existiere.

Und hier sehen Sie: Nichts als Schall und Rauch. Verdumme die Öffentlichkeit und lobe weiterhin, was überhaupt nicht lobenswert ist. Nur sehr wenige werden jemals die Wahrheit erfahren. Viele werden weiterhin diese Forschung unterstützen, da sie überhaupt nichts Falsches darin sehen, Zelllinien von abgetriebenen Kindern oder embryonale Zelllinien zu nutzen. So war es schon bei der Hinnahme der Verwendung von aus Abtreibungen stammenden Zelllinien bei der Impfstoffproduktion und für die Forschung an katholischen Einrichtungen durch einige katholische Verantwortliche geschehen.[viii] Aber eine neue drohende Gefahr, könnte ein solchen Einstellung ein abruptes Ende bereiten:

Eine andere himmelschreiende Angelegenheit bei der Reprogrammierung einer Stammzelle in ein sogenanntes „iPS“- oder „pluripotentes“ Stadium ist nämlich, dass solche Zellen nicht nur „pluripotent“ sondern in der Tat auch „totipotent“ werden oder bereits sein könnten. Genauer: Pluripotente Stammzellen sind solche im frühen Embryonalstadium, die die meisten Zellen, Gewebe und Organe im menschlichen Körper bilden können; totipotente Zellen können alle Zellen, Gewebe und Organe bilden – und sie können völlig neue Embryonen bilden, etwas, was in der Natur bei der Zwillingsbildung passiert.

Was könnte Wissenschaftler daran hindern, die Zellen etwas weiter zurück zu entwickeln in die Entwicklungsstadien eines Embryos bis zum totipotenten Stadium, wodurch ihnen ein unbegrenzter Nachschub an menschlichen Embryonen zur Verfügung stünde? Nichts.

Im April 2008 brachte die britische Zeitung Independent die Nachricht: „Nun haben wir die Technologie, um ein Kind zu klonen“. Der Wissenschaftsredakteur Steve Connor beschreibt darin, wie reprogrammierte Hautzellen zum Klonen von Mäusen verwendet wurden und vielleicht in naher Zukunft auch für das Klonen von Menschen.[ix]

Er zitiert Robert Lanza von der amerikanischen Biotechnologie-Firma Advanced Cell Technology. Lanza räumte ein, dass das Verfahren „unmoralisch und unsicher ist“, aber erwähnte auch, dass „dieses Verfahren genutzt werden könnte, um ein Kind herzustellen.“ Das Verfahren wurde als äußerst empfehlenswert für unfruchtbare Paare angepriesen, da der Embryo mit biologischem Material von beiden Elternteilen hergestellt würde.

Und Lanza weiter: „Es stellen sich die gleichen Fragen wie beim reproduktiven Klonen und obwohl die Technologie für das reproduktive Klonen beim Menschen nicht vorhanden ist, haben wir mit diesem Durchbruch jetzt eine funktionierende Technologie, wodurch jeder ob jung oder alt, fruchtbar oder unfruchtbar, hetero- oder homosexuell seine Gene einem Kind mit Hilfe von ein paar Hautzellen weitergeben kann.“

Im Artikel wird die neue Reprogrammierungs-Methode beschrieben und der Autor Steve Connor stellt fest: „Letztes Jahr, als zum ersten Mal ein Erfolg mit menschlichen Hautzellen erzielt wurde, wurde das von der Katholischen Kirche und von Präsident Bush als moralisch akzeptabler Weg, embryonale Stammzellen herzustellen, ohne Embryonen schaffen oder zerstören zu müssen, begrüßt.“

Und Lanza weiter: „Zur Zeit existieren keine Gesetze oder Regelungen für diesen Sachverhalt und das Bizarre daran ist, dass die Katholische Kirche und andere traditionelle Stammzell-Gegner meinen, dass diese Technologie großartig ist, wo sie doch in Wirklichkeit letzten Endes zu einem ihrer größten Alpträume werden könnteEs ist gut möglich, dass die eigentliche Folge dieser neuen Reprogrammierungs-Technologie der Beginn der Designer-Baby-Ära ist.“

Aber glaubt die katholische Kirche wirklich, dass die neue Technologie so großartig ist? Kaum, denn die Verantwortlichen sind über das, was wirklich in diesen Studien gemacht worden ist, nicht informiert. Und damit niemand denkt, dass diese neueste unseriöse Forschung irgendwie auf verrückte Wissenschaftler in Großbritannien beschränkt ist: das amerikanische Nationale Gesundheitsinstitut (NIH) vergab kürzlich einen 8,9 Millionen-Dollar-Vertrag an Wissenschaftler der University of Wisconsin School of Medicine, das Genome Center in Wisconsin, das Morgridge Institute for Research und an das Medical College of Wisconsin für weitere embryonale Stammzell- und iPS-Zellen-Forschung.[x] Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis das Verfahren hier in den USA für das Klonen von Menschen genutzt wird.

Die Wahrheit ist, dass falls die iPS-Zellen wirklich echte embryonale Zellen sind, sie mit den gleichen Gefahren und klinischen Mißerfolgen behaftet sind, mit denen die embryonale Stammzellforschung seit Jahren kämpft. Wenn die iPS-Zellen unberechtigt in den Mittelpunkt gestellt werden und diese Forschung als Allheilmittel für die Zukunft betrachtet wird, wird dies zweifellos höchst töricht für das das Pro-Life-Lager sein. Vor allem sind die Lebensrechtler dann nicht besser als die Befürworter der embryonalen Stammzellforschung und des sogenannten „therapeutischen Klonens“, die den leidenden Kranken falsche Hoffnungen machen, indem sie wunderbare Heilungen versprechen. Und da die Auseinandersetzung sich bis jetzt hauptsächlich auf moralische Aspekte konzentrierte, wird das einzige Argument, das die Debatte quer durch die politische oder moralische oder sogar medizinische Weltanschauungen gewinnen kann, der Sicherheitsaspekt sein. Über die Moral kann man diskutieren, bis jemand im Gesicht blau anläuft, aber man kann nicht gegen solide klinische Erfolge argumentieren, die es nur bei der Forschung mit adulten Stammzellen gibt.

Inzwischen mögen jene Verantwortlichen, die andere Führer aus dem Lebensrechtslager sowie dem religiösen und politischen Lager hinsichtlich der moralischen Folgen in die Irre geführt haben, feststellen, dass eine solche Taktik nach hinten losgehen könnte. Nicht nur dass ihr Schweigen Zustimmung zu unmoralischer und klinisch sinnloser Forschung bedeutet. Durch Verschweigen der Wahrheit behindern sie auch Finanzierungsbemühungen für wirkliche Patientenheilungen durch die adulte Stammzellforschung. Das ist sowohl ein Lächerlichmachen von Recht und Gerechtigkeit als auch ironischerweise eine Niederlage für jene Lebensrechtler, die so hart gearbeitet haben, um eine moralisch akzeptable Forschungswege zu fördern. Am schlimmsten aber ist, dass es ein verheerender Schlag gegen die Patienten ist, die auf Heilung warten.



[i] Yamanaka, Induction of Pluripotent Stem Cells From Adult Human Fibroblasts By Defined Factors http://images.cell.com/images/Edimages/Cell/IEPs/3661.pdf   Cell 131, 1-12, Nov 30, 2007 and James Thompson, Induced Pluripotent Stem Cell Lines Derived From Human Somatic Cells, Science, Dec 2007 http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/1151526

[ii] FDA Dockets May 16 2001 http://www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/01/transcrpts/3750t1_01.pdf

[iii] Christine Beiswanger, A Brief History of IMR-90, Coriell Institute for Medical Research Newsletter, Cell Collections 2003-2004 htpp://cogforlife.org/imr90CoriellFullReport.pdf

[iv] Lowry et al, Generation of induced human pluripotent stem cells from dermal fibroblasts, Science, Feb 26 2008, Vol. 105, No. 8

[v] United States Conference of Catholic Bishops, August 2001, President Bush’s Stem Cell Decision, http://www.usccb.org/prolife/issues/bioethic/fact801.htm

[vi] National Catholic Bioethics Center, Ethics and Medics, April 2008

[vii] L. Hayflick and P. S. Moorhead, The Serial Cultivation of Human Diploid Cell Strains, Experimental cell Research, 1961, 25 p. 618

[viii] Shanthi Manian, Georgetown’s Doctrine of Medical Research, Georgetown Voice, April 4, 2003; Elise Craig, Fetal Cell Research Continues, Hoya, Georgetown News, Feb 3, 2003

[ix] Steve Connor, Independent, April 14, 2008, http://independent.co.uk/news/science/now-we-have-the-technology-that-can-make-a-cloned-child-808625.html

[x] Johnson, Milwaukee Journal Sentinel, NIH Grants Will Fund University of Wisconsin Stem Cell Research, August 6, 20